Einheimische wie Touristen assoziieren mit Prag bestimmte Ereignisse, Sehenswürdigkeiten oder Spezialitäten. Hier stellen wir Ihnen einige Besonderheiten aus der Geschichte und Kultur der Stadt Prag vor – den Prager Frühling, Fenstersturz und Schinken.

Übersicht

  • Prager Frühling
  • – Die ersten Proteste
  • – Verbesserungen unter Dubček?
  • – Misstrauen der Nachbarstaaten & militärischer Einmarsch
  • – Was nach dem Ende folgte
  • Prager Fenstersturz
  • – Erster Prager Fenstersturz und seine Folgen
  • – Zweiter Prager Fenstersturz und seine Folgen
  • – Dritter Prager Fenstersturz und seine Folgen
  • Prager Schinken
  • – Geschichte
  • – Herstellung & Zubereitung

Prager Frühling

Der Prager Frühling ist vielen Menschen vor allem aufgrund seiner gewaltsamen Niederschlagung durch Truppen des Warschauer Paktes, der die Reformbemühungen Tschechiens schon lange Zeit kritisch betrachteten. Doch zunächst zum Anfang des Prager Frühlings: 1953, nach dem Tod von Josef Stalin, lockerten viele Satellitenstaaten des Ostblocks ihre totalitäre Kontrolle. In der Tschechoslowakei verfolgte man hingegen weiter eine repressive Politik unter Antonín Novotný, früher Erster Sekretär der Kommunistischen Partei (KSĆ) und später Staatspräsident.

Gescheiterte Reformbemühungen lösen Proteste aus

Die Wirtschaftskrise in den 1960er Jahren zwang ihn jedoch zum Umdenken und die Regierung entwickelte Reformmaßnahmen, um aus der Tschechoslowakei eine sozialistische Marktwirtschaft zu machen. Inkonsequenz und Fehlentscheidungen bei der Umsetzung der Reformmaßnahmen führten dazu, dass das Land stärker unter der Krise litt und die Kritik innerhalb der Bevölkerung wuchs. Junge Bürger wehrten sich gegen den niedrigen Lebensstandard, Schriftsteller gegen Zensur und den sozialistischen Schreibstil.

Es kam zu Protesten und Verhaftungen innerhalb der Bevölkerung und Kritik von Seiten der slowakischen Nationalisten, die die KSĆ-Regierung zu mehr Autonomie drängte. Auf Unterstützung der sozialistischen Führung in Moskau konnte Novotný nicht offen. Kurze Zeit später folgte sein Rücktritt und Alexander Dubček wurde Staatspräsident.

Verbesserungen unter Dubček?

Der Staatspräsident wollte die Reform der Tschechoslowakei noch stärker vorantreiben und einen Sozialismus mit „menschlichem Antlitz“ schaffen. Bürger sollten mehr Grundrechte erhalten, die Zensur wurde abgeschafft, verbotene Parteien durften wieder arbeiten. Trotz aller Reformen sollte aber keine Maßnahme an der Vormachtstellung der KSĆ rütteln, was zu Diskussionen in der Öffentlichkeit führte.

Organisationen forderten u.a. die Einführung von Mehrparteienwahlen. Ein Demokratisierungsprozess wurde zunehmen befürwortet. Mit dem regierungskritischen „Manifest der 2000 Worte“ setzen Intellektuelle und Künstler die KSĆ zusätzlich unter Druck. Auch die internationale Öffentlichkeit unterstützte die Kritiker.

Misstrauen im Warschauer Pakt & militärischer Einmarsch

Die Reformbemühungen und gesellschaftliche Lage in der Tschechoslowakei wurde von den übrigen Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts kritisch beäugt. Man fürchtete vor allem, dass ähnliche Revolten von Oppositionellen und Bürgern in anderen Staaten des Warschauer Pakts aufkommen könnten. Ausdruck ihres Misstrauens verliehen fünf Mitglieder des Warschauer Pakts mit dem „Warschauer Brief“ vom 15. Juli 1968. Die Sowjetunion, Bulgarien, Ungarn, Polen und die DDR forderten Dubček zu einer Abwendung von seinen Reformbemühungen.

Ein militärische Eingreifen in der Tschechoslowakei wurde zu diesem Zeitpunkt bereits befürwortet. Nachdem sich alle Mitgliedstaaten für ein Eingreifen aussprachen, marschierten am 20. August 1968 die Truppen des Warschauer Pakts in der Tschechoslowakei ein. Während die Regierung, überrascht vom harten Eingreifen der Nachbarstaaten den Einmarsch verurteilte, keinen Widerstand leistete, protestierten viele Bürger gegen das Vorgehen des Warschauer Pakts.

In den folgenden Tagen und Wochen starben zahlreiche Menschen bei den Demonstrationen. Die Regierungsriege um Dubček wurde verhaftet und nach Moskau gebracht. Dort setzte man sie solange unter Druck, bis sie das Moskauer Protokoll unterzeichneten, das die Aufhebung nahezu aller Reformmaßnahmen vorsah. Insbesondere die Aufhebung der Presse- und Versammlungsfreiheit. Die KSĆ sollte das Land wieder „normalisieren“, also wieder zurück zum ursprünglichen stalinistischen Kurs kehren.

Als Folge der Invasion und Besetzung durch Truppen des Warschauer Pakts sowie die Aufhebung der Reformbemühungen lebten die Proteste der Bevölkerung wieder auf. Mehrere zehntausend Menschen, vor allem Fachkräfte und Intellektuelle, verließen das Land und flüchteten u.a. nach Österreich. Traurige Bekanntheit erlangte der Student Jan Palach, der sich am 16. Januar 1969 aus Protest gegen die gewaltsame Niederschlagung des Prager Frühlings in Prag selbst anzündete und verstarb. Vier Wochen später wiederholt der Student Jan Zajć am selben Ort die Tat. Dem Ende des Prager Frühlings wurde damit ein trauriges Denkmal gesetzt.

Was nach dem Ende des Prager Frühlings folgte

Die geforderte Normalisierung des Landes erfolgte unter Staatspräsident Ludvík Svoboda, wenngleich sich dieser von dem Warschauer Pakt instrumentalisiert fühlte und zeitweise die Zusammenarbeit mit der sowjetischen Besatzungsmacht verweigerte. 1975 trat Gustáv Husák seine Nachfolge an, der eine linientreue Politik verfolgte. Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt formte sich die „Charta 77“, eine Bürgerbewegung u.a. für Menschenrechte. Sie veröffentlichten im Laufe der folgenden Jahre zahlreiche Menschenrechtsverletzungen der sozialistischen Regierung.

Mitbegründer war Václav Havel, Regierungskritiker und Schriftsteller, der nicht nur während des Prager Frühlings, sondern auch später während der Samtenen Revolution aktiv für ein Ende der sozialistischen Regierung und mehr Menschenrechte eintrat.

1989, das sozialistische Regime war bereits geschwächt, erfolgte eine Demonstration von Studenten, deren gewaltsame Niederschlagung zu Massenprotesten in Prag führte. Am 24. November 1989 forderten Havel und Dubček bei einer Versammlung auf dem Wenzelsplatz in Prag den Rücktritt der Regierung. Bis zu 800.000 Menschen in Prag und 100.000 in Bratislava unterstützten in diesen Tagen die Forderungen. Ihr Protest verlief friedlich. Mit klingenden Schlüsseln über den Köpfen wollten sie die samtene Revolution, den politischen Systemwechsel, „einläuten“.

Die Geschehnisse in der Tschechoslowakei überschnitten sich in dieser Zeit mit jenen im Nachbarstaat DDR. Bereits im Oktober „besetzten“ rund 4.000 DDR-Bürger das Geländer deutschen Botschaft in Prag und forderten die Ausreise in den Westen. Am 30. September 1989 kam es zu den berühmten Worten des damaligen Außenministers der Bundesrepublik Deutschland, Hans-Dietrich Genscher: Die Ausreise in die BRD wurde möglich.

Auch aufgrund dieser Vorgeschichte wurde die samtene Revolution möglich. Mit den ersten freien Wahlen in 1990, die den Menschenrechtler Havel als Präsidenten hervorbrachte, besiegelte das Ende der Systemwende, die mit dem Prager Frühling ihren Anfang nahm.

Prager Fenstersturz 1, 2 und 3

In der Geschichte Tschechiens und Europas gibt es ein Ereignis, das besonders prägend war. Der Prager Fenstersturz. Tatsächlich waren es drei Fensterstürze, die u.a. als Auslöser für verheerende Entwicklungen galten.

Erster Prager Fenstersturz, 1419

Zur Vorgeschichte des Ersten Prager Fenstersturzes trug ein böhmischer Priester maßgeblich bei. Jan Hus, Theologe und Reformator, sorgte mit seinen kirchenkritischen Predigten ab 1400 für eine breite Bewegung in Prag und dem Böhmischen Königreiches und Heiligen Römischen Reichs. Unter Adeligen und der Bevölkerung fand er gleichermaßen Anhänger seiner Auffassung, die Bibel sei als einzige Autorität in Glaubensfragen anzuerkennen. Zusammen mit dem Gleichgesinnten John Wyclif verbreitete er seine Auffassung von Gewissensfreiheit und forderte eine Reform der verweltlichten Kirche. Erlassene Verbote für Predigten interessierten Hus nicht, was 1410 zu seinem Kirchenbann führte.

Seine Exkommunikation und der Verweis aus Prag führten zu Unruhen. 1412 flüchtete er aus der Stadt erst nach Süd- später nach Mittelböhmen. Er verfasste zahlreiche Schriften und trug zur Übersetzung der Bibel in die Landessprache bei. Als Wanderprediger zog er durchs Land und gewann zahlreiche Anhänger für seine Ansicht, viele Kirchenhäupter seien eigentlich Glieder des Teufels. 1414 beschäftigte sich das Konzil von Konstanz mit seinen Ansichten und den daraus resultierenden Unruhen in Böhmen.

Die Versammlung beschloss die Verurteilung von Jan Hus, John Wyclif und Hieronymus von Prag als Ketzer und deren Verbrennung. Diese wurde bei allen drei Verurteilten durchgeführt, wenngleich John Wyclif bereits seit 30 Jahren tot war. Man grub seine Gebeine aus und verbrannte sie.

Die bereits zuvor begonnenen aufständischen Bewegungen unter Adeligen und der Bevölkerung sowie das Urteil gegen Hus führten zu heftigeren Auseinandersetzungen. Am 30. Juli 1419 stürmten Anhänger des Reformators Jan Hus, sogenannte Hussiten, das Neustädter Rathaus am Prager Karlsplatz. Sie wollen Glaubensgenossen befreien, die hier gefangen gehalten wurden. Bei dem Aufstand wurden zehn Personen aus dem Fenster des Rathauses geworfen – darunter der Bürgermeister, zwei Ratsherren und ein Knecht.

Im Anschluss wurden die Gestürzten getötet. Wenige Tage später starb auch König Wenzel, der sich über die Proteste so heftig aufgeregt haben soll, dass er einen Schlaganfall erlitt. Sein Nachfolger, Bruder Sigismund, wurde nicht als König anerkannt, was in der Gesamtheit zu heftigen Unruhen führte. Hussiten zerstörten zahlreiche Kirchen und Klöster in Prag. Aus den Ausschreitungen entwickelte sich die Hussitenkriege von 1419 bis 1436.

Zweiter Prager Fenstersturz, 1618

Im 17. Jahrhundert wurde im von katholischen Habsburgern regierten Prag kein Protestantismus zugelassen. Obwohl 1609 der „Majestätsbrief“ die Religionsfreiheit in Böhmen garantieren sollte, kam es immer wieder zu Übergriffen gegen Protestanten. Ende 1617 ließ der Erzbischof von Prag sogar evangelische Kirchen abreißen. Der böhmische Adel protestierte gegen dieses Vorgehen, erst bei ihren Statthaltern, später persönlich bei Kaiser Matthias.

Die Drohung mit einer Ständeversammlung, um die Religionsfreiheit durchzusetzen, endete in einer strengen Reaktion des Kaisers. Unruhestifter werde man verurteilen. Gerüchte um Kirchenschließungen und provokante Schriften tyrannischer, verhasster Statthalter führten schließlich zum Zweiten Prager Fenstersturz. Angeführt von Heinrich Matthias von Thun stürmten einige Dutzend bewaffnete Adlige am 23. August 1618 den Sitzungssaal des Ludwigsflügels im Alten Königspalast in Prag. Die drei Anwesenden Jaroslav Borsita Graf von Martinsitz, Wilhelm Slavata und der königliche Schreiber Philipp Fabricus wurden aus dem Fenster in den Burggraben geworfen. Sie überlebten den Zweiten Prager Fenstersturz.

Als Folge des Fenstersturzes, eine Art Kriegserklärung an den Kaiser, begannen weitere Aufstände, die als Auslöser für den Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 gilt. Er breitet sich über weite Teile Europas aus und entfachte teilweise alte Kriege.

Dritter Prager Fenstersturz, 1948

Der jüngste Fenstersturz ist von einigen Ungereimtheiten geprägt. 1948 wurde das Land, damals die Tschechoslowakei, als Teil des Warschauer Pakts von der kommunistischen Regierung unter Klement Gottwald geführt. Sein Außenminister war Jan Masaryk, zuvor tschechoslowakischer Botschafter in Großbritannien und Außenminister der tschechoslowakischen Exilregierung. Er war der Sohn des ersten Präsidenten der Tschechoslowakei, Tomás Garrigue Masaryk, und kein Anhänger des Kommunismus.

Am 10. September 1947 verübte man einen Anschlag auf Jan Masaryk und zwei ebenfalls nicht kommunistische Minister. Mit als Parfümschachteln getarnte Sprengstoffbomben versuchte man die Politiker zu töten. Als Auftraggeber vermutet man Alexej Čepička, Schwiegersohn von Regierungspremier Gottwald. Am 10. Mai 1948 fand man den Außenminister tot unter dem Fenster seines Dienstsitzes. Was später als Dritter Prager Fenstersturz bekannt wurde, galt lange Zeit als Selbstmord. 1993 sorgte die kommunistische Geheimpolizei für Spekulationen, es handele sich um Mord.

Das führte zur Wiederaufnahme der polizeilichen Untersuchungen. 2002 stellte man fest, dass die Lage der Leiche sowie deren Verletzungen auf einen gewaltsamen Tod schließen lassen. Zwei Jahre später bekräftigte die Prager Polizei diese Vermutungen. Eine offizielle Klärung der Todesumstände gibt es allerdings nicht.

Prager Schinken

Eine Berühmtheit weit über die böhmische Küche hinaus ist der Prager Schinken. Der Pražská šunka, wie er in der Landessprache Tschechiens heißt, ist ein Kochschinken ähnlich wie Kassler. Traditionell wird der Prager Schinken erwärmt und als Hauptspeise verzehrt.

Die Geschichte des Prager Schinkens

Seinen Ursprung findet der Prager Schinken im Anfang des 16. Jahrhunderts. Die genaue Herkunft ist, wie bei vielen anderen Spezialitäten und Speisen, ungeklärt. Jedoch war die deftige, fleischlastige Ernährungsweise vor allem bei Landwirten verbreitet. Sie brauchten nicht nur die Energie des Fleisches für die harte körperliche Arbeit, sondern verfügten auch über entsprechende Räucherkammern, um das Fleisch nach dem Schlachten haltbar zu machen.

Im späten 19. Jahrhundert begann die Massenproduktion des Prager Schinkens. Antonín Chmel, ein böhmischer Fabrikant, ließ sich mit 21 Jahren – nach einer Wanderschaft durch Wien und Prag – in Vinohrady östlich der tschechischen Hauptstadt nieder und errichtete seine Fabrik. Aufgrund der hervorragenden Qualität seiner Produkte, vor allem geräucherte Fleischwaren, wurde er nicht nur zum Hoflieferanten Bayerns und Rumäniens, sondern auch zum wichtigen Exporteur für Prager Schinken. Zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg war die Spezialität eines der wichtigsten Exportgüter des Landes.

Herstellung und Zubereitung des Prager Schinkens

Zur Herstellung des Prager Schinkens verwendet man die kleineren Hinterkeulen von Schweinen. Das Stück wird zusammen mit der Schwarte erst mit Salz, Zucker und verschiedenen Gewürzen wie Koriander, Wacholder und Kümmel eingerieben. Das trockene Fleisch wird dann für etwa einen Monat gepökelt. Dadurch wird der Schinken haltbar und erhält gleichzeitig einen ganz eigenen Geschmack. Anschließend wird der Schinken heiß geräuchert. In der Regel verwendet man hierzu Buchenholz. Entsprechend der Zubereitungsart kann der Prager Schinken gekocht, gebrüht, gebacken oder geschmort werden.

Eine traditionelle Zubereitungsart aus der böhmischen Küche ist das Garen im Brotteig im Ofen. Dazu wird der Schinken am Stück in einen Brotteig gehüllt und gebacken. Der Prager Schinken wird als warme Hauptspeise mit kräftiger Madeirasauce, eine dunkle Bratensauce aus der französischen Küche, gereicht. Darüber hinaus wird der Prager Schinken gerne gegrillt oder kalt als Aufschnitt gegessen.

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