Direkt neben der Karlsbrücke, im Herzen der Prager Altstadt, befindet sich einer der prachtvollsten historischen Gebäudekomplexe Europas. Das Klementinum, ein ehemaliges Jesuitenkolleg, zieht aufgrund seiner prunkvollen Innengestaltung jedes Jahr unzählige Besucher an. Eine Besichtigung der opulenten barocken Räumlichkeiten beeindruckt nicht nur Architekturliebhaber, sondern bietet auch faszinierende Einblicke in die wissenschaftlichen Bestrebungen der Jesuitenmönche und die Geschichte der Prager Karls-Universität.

Prag Klementinum

Geschichtsträchtige Vergangenheit als Bildungseinrichtung

Das Klementinum erstreckt sich auf einer Gesamtfläche von über zwei Hektar, ist nach der Prager Burg das wichtigste Bauwerk der Stadt und gilt als einer der größten historischen Gebäudekomplexe in Europa. Seine Existenz ist den Mönchen des Jesuitenordens zu verdanken, die die Gründung nach ihrer Ankunft in Böhmen im Jahr 1556 initiierten. Ursprünglich bewohnten sie an der Stelle des heutigen Klementinums ein baufälliges dominikanisches Kloster, in dem eine Schule und ab dem Jahr 1622 auch eine Universität untergebracht waren.

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Innerhalb der Klostermauern richteten die Jesuitenmönche, die hier ein einfaches Leben führten, trotz ständiger finanzieller Not neben den Schulklassen und Schlafräumen eine Bibliothek, Werkstätten, ein Theater und verschiedene kirchliche Räume ein. Erst im späten 16. Jahrhundert konnten sie durch finanzielle Unterstützung des Herrscherhauses umfassende Restaurierungsarbeiten und Erweiterungen der Bildungseinrichtungen und sakralen Bauten durchführen lassen.

Auf Geheiß Kaiser Ferdinands III. wurde das Klementinum im Jahr 1654 mit der Karls-Universität vereinigt. Ab diesem Zeitpunkt beherbergte der weitläufige Komplex die philosophische und theologische Fakultät. Als der Jesuitenorden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufgehoben wurde, mussten die Mönche das Kolleg und Kloster verlassen.

Das Klementinum blieb dank Kaiserin Maria Theresia jedoch als wichtiges wissenschaftliches Zentrum bestehen. Das Gebäude wurde im Jahr 1930 zum Hauptsitz der Nationalbibliothek Tschechiens und prägt das kulturelle Leben in Prag bis in die Gegenwart. Noch heute sind wichtige wissenschaftliche Einrichtungen wie das Institut für Astronomie der tschechischen Akademie der Wissenschaften in dem geschichtsträchtigen Gebäudekomplex untergebracht.

Prachtvolle Barockarchitektur

Ursprünglich befanden sich auf der Fläche des Klementinums eine im 11. Jahrhundert errichtete, dem Heiligen Clemens gewidmete Kapelle und das kleine Kloster, das die Jesuitenmönche nach ihrer Ankunft bezogen. Ab Mitte des 17. Jahrhundert wurden die Gebäude kontinuierlich erweitert, bis das Klementinum zum drittgrößten Jesuitenkolleg der Welt herangewachsen war. Die Errichtung des weitläufigen Komplexes dauerte über 170 Jahre an, weshalb die Gebäude und deren reichhaltige Inneneinrichtung verschiedene Architektur- und Kunstelemente aufweisen.

Besonders eindrucksvoll sind die Gebäude im Barockstil, deren Innenräume unter Verwendung kostbarer Materialien aufwendig gestaltet wurden. Bedeutende Architekten wie Kilian Ignaz Dientzendorfer und Carlo Lurago waren an der Planung und baulichen Erweiterung des Klementinums maßgeblich beteiligt. Es gilt als eines der schönsten Barockbauwerke Prags und erwartet seine Besucher mit aufwendigen Marmorverkleidungen und Malereien, kunstvoll vergoldeten Stuckaturen, endlos wirkenden Spiegelflächen und prunkvollen Einrichtungsgegenständen.

Der Bibliothekssaal: barocke Perle mit einzigartigen Kulturschätzen

Der Bibliothekssaal des Klementinums gilt als einer der weltweit schönsten seiner Art und ist eine der wichtigsten kulturellen Attraktionen der tschechischen Hauptstadt. Er beherbergt über zwanzigtausend historische, teilweise äußerst seltene Bücher aus unterschiedlichen historischen Epochen. Die Räumlichkeiten wurden im Jahr 1722 fertiggestellt, etwa sechzig Jahre später richtete Direktor Karl Rafael Ungar hier mit der Biblioteca Nationalis eine umfassende Sammlung tschechischer Literatur und den Vorläufer der Nationalbibliothek ein.

Neben den unzähligen literarischen Werken ist der barocke Bibliothekssaal vor allem wegen der prachtvollen und kostbaren großen Globen und der aufwendig gestalteten, von Jan Hiebl gemalten Deckenfresken, die Personifikationen der Kunst und Wissenschaften darstellen, sehenswert. Über den Fenstern befinden sich dreieckige Gemälde, die wichtige Persönlichkeiten der Geschichte des Jesuitenkollegs abbilden.

Der Astronomische Turm: historisches Wetterobservatorium

Ebenfalls im Jahr 1722 wurde auf Geheiß des Universitätsrektors Frantisek Retz der fast siebzig Meter hohe Astronomische Turm erbaut. Darin richteten die Jesuitenmönche ein Observatorium ein, um meteorologische Messungen durchzuführen. Zwischen 1775 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die Messungen hier kontinuierlich aufgezeichnet, weshalb der Astronomische Turm des Klementinums heute als Ort der weltweit längsten ununterbrochenen Wetterdokumentation gilt.

Ab dem Jahr 1842 und bis in die frühen Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts wehte von der Turmspitze eine Fahne, um den Prager Einwohnern die Mittagsstunde zu signalisieren. Der Astronomische Turm wurde aufwendig restauriert und ist heute der Öffentlichkeit zugänglich. Besucher können nicht nur die überwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammenden meteorologischen Messgeräte besichtigen, sondern genießen auf einer Höhe von 52 Metern auch einen prachtvollen Ausblick über die malerische Prager Altstadt.

Die prunkvolle Spiegelkapelle

Ein weiteres kulturelles Highlight des Klementinums ist die imposante Spiegelkapelle, die im Jahr 1725 fertiggestellt wurde und aufgrund ihrer verspiegelten Decke, in der das Muster des Bodens wie ein Sternenhimmel sichtbar wird, auf der ganzen Welt einmalig ist.

Die vergoldeten Stuckarbeiten des Künstlers Bernardo Spinetti, aufwendige Deckenmalereien von Jan Hiebl und die Wandverkleidungen aus Marmor verleihen dem Inneren des Gebäudes eine prachtvolle Opulenz. Seit 1936 dient die Spiegelkapelle als Konzertsaal, in dem regelmäßig die Werke berühmter Komponisten wie Mozart, Vivaldi, Smetana oder Dvorák aufgeführt werden.

Geführte Besichtigungstouren durch das Klementinum

Die barocke Bibliothek und Spiegelkapelle sowie der Astronomische Turm sind der Öffentlichkeit zugänglich und können im Rahmen einer geführten, etwa dreißig Minuten dauernden Tour besichtigt werden. Wer die herrliche Aussicht über die Prager Altstadt genießen und die Schönheit der prachtvollen Barockräume und deren Ausstattung hautnah erleben möchte, sollte bedenken, dass im Rahmen der Besichtigungstour insgesamt etwa zweihundert Stufen und teilweise sehr enge Wendeltreppen zu bewältigen sind. Die unvergesslichen Eindrücke, die die prunkvolle Innenarchitektur des Klementinums den Besuchern bietet, sind die Anstrengungen jedoch allemal wert.

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