Der Alte Jüdische Friedhof ist eine Prager Sehenswürdigkeit. Er gehört europaweit zu den bekanntesten jüdischen Friedhöfen und ist seit 1995 Volkskulturdenkmal. Auf seiner relativ kleinen Fläche von etwa einem Hektar finden sich mehr als 12.000 Grabsteine, vermutlich wurden hier im Lauf der Jahrhunderte 100.000 Menschen bestattet. Im Schatten von Ahornbäumen, Akazien, Kastanienbäumen und Holundersträuchern können Besucher auf diesem geschichtsträchtigen Areal liebevoll und interessant gestaltete Grabmäler besichtigen und interessante Inschriften entdecken.

Alter Jüdischer Friedhof in Prag

Der jüdische Friedhof lag innerhalb des Ghettos

Das Stadtviertel Josefov, das den Friedhof beherbergt, war als jüdisches Revier ein Teil der Prager Altstadt. Der Judenfriedhof gehört zu den wichtigsten Zeugen des früheren Ghettos. Die Klaus-, die Pinkas-, die Maisel- und die Altneu-Synagoge liegen in unmittelbarer Nähe.

Das gesamte etwas verwinkelte Grundstück ist von einer hohen Mauer umgeben Einige gotische Grabsteine wurden in die Umfriedung eingemauert. Sie stammen von einem aufgelassenen noch älteren Friedhof, dem so genannten Judengarten. Das neoromanische Zeremonienhaus, das direkt am Ausgang des Judenfriedhofs liegt, wurde erst 1906 erbaut.

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Die Geschichte reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück

Der Ursprung dieses Gedenkortes liegt in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der älteste Grabstein stammt aus dieser Zeit, er trägt eine Inschrift aus dem Jahr 1439. Das Areal hat bis heute nahezu die gleiche Größe wie damals. Im Ghetto gab es kaum Möglichkeiten, den Friedhof zu erweitern. Der jüdische Glaube verbietet aber eine Auflösung von Gräbern, sodass enormer Platzmangel entstand.

So begrub man die Verstorbenen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in mehreren Schichten, teilweise wurden bis zu zwölf Lagen entdeckt. Viele Grabsteine versanken tief nach unten. Immer wieder wurde neue Erde aufgehäuft. Das mehrmalige Aufschütten auf bereits bestehende Gräber führte im Lauf der Jahrhunderte dazu, dass Steine und Grabplatten kreuz und quer übereinander zu liegen kamen. Es ergaben sich bizarre Formen und imposante Gebilde. Erst 1891 wurde mit dem Neuen Jüdischen Friedhof, der im Stadtteil Ikov entstand, der Platzmangel behoben.

Grabinschriften erzählen von früherer Kultur

Der Friedhof ist mit seinen Grabaufschriften eine erstrangige Kulturdenkstätte. Die Symbole aus Stein und die Aufschriften zeugen eindrücklich vom Leben im Prager Ghetto. Nicht nur das Geburts- und das Todesdatum der Menschen sind ersichtlich. Vieles von dem, was das Leben der Verstorbenen geprägt hat, lässt sich hier ablesen. Funktionen innerhalb der Gemeinde, besondere Eigenschaften und vollbrachte Wohltätigkeiten wurden in Stein gemeißelt. Auch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten biblischen Stamm ist oft festgehalten. So waren im Stamm der Kohen die Mitglieder häufig Priester. Ihr Symbol sind segnende Hände.

Die Leviten durften Dienste im Tempel verrichten und hatten den Krug als Symbol. Allgemeine jüdische Symbolik ist ebenfalls häufig zu finden, beispielsweise die Weinrebe, die Fülle und Vielheit verkörpert. Das Zeichen der Krone deutet auf gelehrte Menschen hin, auch Namen wurden durch Pflanzendarstellungen oder Tierplastiken versinnbildlicht. Die Berufe vieler Bestatteten lassen sich heute noch erkennen: Eine Schere weist auf einen Schneider hin, ein Mörser auf einen Apotheker, eine Geige auf einen Musiker.

Hirsche, Blumen oder Löwen symbolisieren meist den Familiennamen des Verstorbenen. Häufig ist auch der sechszackige Davidstern zu finden. Außer den Geburts- und Todesdaten beinhalten manche Inschriften vielfältige Lobreden oder interessante Informationen über die Persönlichkeit der Verstorbenen.

Steinchen auf den Gräbern sind ein uralter Brauch

Eine Besonderheit des Friedhofs sind die unzähligen kleinen Steine, die auf vielen Gräbern liegen. In der Regel waren es die engsten Angehörigen und die Bekannten der Verstorbenen, die diese Steine mitbrachten und damit die Toten symbolisch bedeckten. Der Ursprung dieses Brauchs liegt ganz weit in den Anfängen der jüdischen Geschichte. Auf der Wüstenwanderung ins Gelobte Land begrub man die Toten aufgrund der geographischen Lage nicht in der felsigen Erde, sondern unter Steinen.

Bekannte Persönlichkeiten liegen hier begraben

Bekannte Größen liegen auf dem alten Friedhof begraben. Der berühmte Pädagoge und Religionsgelehrte Jehuda Liwa ben Becalel, bekannt als Rabbi Löw (1520-1609), ist einer davon. Auch der Bürgermeister, Rabbiner und Wohltäter Mordechai Maisel (1528-1601), der gelehrte Oberrabbiner David Oppenheim (1664-1736) und viele andere fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Das Grabmal des Rabbi Löw findet den größten Zulauf.

Unter den Steinchen auf diesem Grab finden sich heute noch Zettelchen gläubiger Menschen, die dort ihre Wünsche aufschrieben in der Erwartung, dass der wundertätige Rabbi helfen möge. In einer der schönsten Grabstätten ist Heudele Bassevi beerdigt. Sie war die Frau von Jakob Bassevi, einem Prager Juden aus dem 17. Jahrhundert, dem damals der Adelstitel verliehen wurde.

Hohe Besucherzahlen dokumentieren das große öffentliche Interesse

Viele der Grabstätten sind leider nicht mehr direkt erreichbar. Nur ein schmaler Weg rings um das Areal ist noch für die Öffentlichkeit zugänglich. Diese Vorsichtsmaßnahme war nötig, weil der Prager Judenfriedhof aufgrund des großen Interesses bedroht war. Zeitweilig wurde sogar die komplette Schließung in Erwägung gezogen. Der Friedhof ist täglich außer samstags geöffnet.

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