Prag – die goldene Stadt der hundert Türme. Dieser Name steht nicht nur für barocke und gotische Bauten oder etwa für Sehenswürdigkeiten wie zum Beispiel die Karlsbrücke, die Prager Burg mit dem imposanten Veitsdom, das Rathaus mit astronomischer Uhr oder auch der Altstädter Ring mit Teynkirche. Der Name Prag ist auch ein wesentlicher Begriff des Dreißigjährigen Krieges, bei dem Protestanten und die katholische Kirche um die Vorherrschaft kämpfen. Das Prager Loreto, das direkt mit diesem Krieg und den daraus entstehenden Folgen stark verbunden ist, erinnert noch heute in Prag an die damaligen Ereignisse und Geschehnisse.

Prager Loreto

Der dreißigjährige Krieg – Prag im Fokus von Religionsstreitigkeiten

Zum einen wurde der Krieg nämlich letztendlich ausgelöst durch den so bezeichneten zweiten Prager Fenstersturz, als die aufrührenden Protestanten die königlichen Statthalter sowie den Kanzleisekretär des katholischen Landesherren kurzerhand aus dem Fenster warfen. Aber auch die Schlacht am Weißen Berg, bei der am 8. November 1620 die Truppen der Katholischen Liga die Einheiten der böhmischen protestantischen Stände schlagen konnten, lässt Prag für alle Zeiten in die Historie des Dreißigjährigen Kriegs eingehen.

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Den Weißen Berg bei Prag können Interessierte zwar auch heute noch besuchen, aber das wirklich an diesen Sieg der Katholiken erinnernde Monument ist direkt auf dem Hradschin in Prag zu finden. Hierbei handelt es sich um das sogenannte Prager Loreto. Dies ist ein Gebäudekomplex, das als Loreto Ensemble konzipiert ist, besteht aus der eigentlichen Loretokapelle, der Kirche Christi Geburt sowie einem repräsentativen Konventsgebäude mit Glockenturm und der Schatzkammer.

Prager Loreto erinnert an den Sieg der katholischen Liga am Weißen Berg

Das Prager Loreto wurde im Zuge des 1621 begonnenen Rekatholsierungsprozess erbaut. Um die böhmische Bevölkerung, die mehrheitlich protestantisch war, wieder für die katholische Religion zu gewinnen, erbauten die Katholiken über all in Böhmen Loreto-Wallfahrtstätten. Die Loretokapelle in Prag wurde dabei der Casa santa nachempfunden, die in der italienischen Gemeinde Loreto (Provinz Ancona) zu finden ist.

Die Prager Nachbildung ist direkt im Innenhof des Gebäudekomplexes mit Glockenturm, Kirchenschiff und Seitenflügeln untergebracht. Finanziert wurde der 1626 begonnene Bau der Prager Version der Casa santa damals von Benigna Katharina von Lobkowicz, während der Italiener Giovanni Batista Orsi als Baumeister verpflichtet werden konnte. 1631 vollendete er schließlich den Bau der kleinen Prager Loretokapelle. Damit lebte auch in Prag die Legende des italienischen Städtchens Loreto weiter.

Ein einfaches Haus begeistert die Massen

Den Überlieferungen nach trugen im 13. Jahrhundert vier Engel das Casa santa in eben dieses Städtchen, damit der Erzengel Gabriel Maria von diesem einfachen Haus aus die bevorstehende Geburt des Erlösers bekanntgeben bzw. verkünden konnte. Die Prager Kopie des italienischen Loreto wurde dabei als ein einfaches Haus ohne Fester konzipiert, wobei die Fassade mit einem eindrucksvollen Reliefzyklus verziert wurde, der das Leben Mariä darstellen soll.

In den jeweiligen Kapellen im so bezeichneten Kreuzgang befinden sich zudem Altäre und barocke Bilder. Darunter auch ein Bild von Petr Brandl, das die Stigmatisierung des heiligen Franziskus zeigt. Außerdem ist hier auch die Statue der bärtigen Jungfrau am Kreuz (der heilige Kümmernis) für die Besucher in Szene gesetzt.

Bau des Prager Loreto dauert fast ein ganzes Jahrhundert

Insgesamt dauerte der Bau des Prager Loreto aber von 1626 bis zur Vollendung im Jahr 1750. In dieser Zeit arbeiteten immer wieder verschiedene Baumeister, Architekten und auch Künstler an der Fertigstellung des Prager Loreto. So hat zum Beispiel der süddeutsche Orgelbauer Leopold Spiegel die voluminöse Orgel, die in der Loreto-Kirche ihren angestammten Platz gefunden hat, gebaut.

Die barocke Front des Prager Loreto stammen demgegenüber von Christoph und Kilian Ignaz Dientzenhofer, die Familienmitglieder einer oberbayerischen Baumeisterfamilie waren, die wie kaum eine zweite Familie mit ihren Bauwerken den Früh- sowie Hochbarock entscheidend prägten. Der Skulpturenschmuck wurde dagegen von Helmut Kohl entworfen, der bereits in vielen Kirchen und anderen religiösen Gebäuden als Urheber von eindrucksvollem Schmuck dieser Art in Erscheinung getreten war.

Glockenspiel und die „Prager Sonne“ als kunsthistorische Meilensteine

Ein ganz besonderes Highlight für die Besucher des Prager Loreto stellt aber sicherlich das Glockenspiel im frühbarocken Turm dar. Im Jahr 1694 in Amsterdam vom legendären Prager Uhrmacher Peter Neumann erschaffen, besteht es aus exakt 30 Glocken. Dabei hat der begnadete Uhrmacher ein kompliziertes Spielwerk erschaffen, das stündlich das Marienlied „Tausendmal stets wollen wir dich begrüßen …“ ertönen lässt.

Ebenso kunsthistorisch bedeutungsvoll wie aber auch materiell wertvoll sind die im Prager Loreto-Heiligtum aufbewahrten Gemälde und Monstranzen, die teilweise mit Juwelen und Diamanten geschmückt sind. In der ganzen Welt berühmt ist zum Beispiel die Monstranz mit dem Titel „Prager Sonne“. Dieses zwölf Kilogramm schwere liturgische Schaugerät mit integriertem Fensterbereich wurde im Jahr 1699 in Wien aus vergoldetem Silber angefertigt und mit insgesamt 6.222 Diamanten geschmückt.

Auch der Loreto Platz mit dem Palais Czernin lockt zahlreiche Besucher

Direkt gegenüber dem Prager Loreto befindet sich – auf einer leichten Anhöhe optisch wirkungsvoll platziert – das mächtige Palais Czernin, das mittlerweile als Sitz des tschechischen Außenministeriums fungiert. Alleine die Hauptfront des Palais mit seiner Länge von über 150 Metern beeindruckt ungemein. Dieses nahezu monumentale Bauwerk ist aber auch Teil des so bezeichneten Loretoplatz, der zwischen den Jahren 1703 und 1726 als passender Rahmen für das Prager Loreto erschaffen und gestaltet wurde.

Davor war dieses Gebiet eigentlich vergleichsweise dicht besiedelt, aber die katholische Adelsfamilie Czernin ließ sämtliche Häuser abtragen, um den Bau des Platzes zu ermöglichen. Der tagsüber stets von zahlreichen Besuchern frequentierte Platz findet seinen Abschluss dann genau vor den Toren des zum Loreto Ensemble zählende Kapuzinerkloster.

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