Hoch oben auf dem Berg Hradschin inmitten der Prager Burg thront der St.-Veits-Dom, der neben der Karlsbrücke das wohl bekannteste Gebäude der tschechischen Hauptstadt ist. Das Gemäuer ist indes nicht nur Anziehungspunkt für unzählige Touristen, sondern Blick auch auf eine bewegte Geschichte zurück, die den St.-Veits-Dom im Laufe der Jahrhunderte erst zu dem gemacht hat, was er heute ist.

Veitsdom

Der größte Kirchenbau Tschechiens

Der Veitsdom, tschechisch Katedrála svatého Víta, wurde im Stil der Gotik erbaut und setzt sich aus mehreren Segmenten zusammen, die in der beinahe 1000-jährigen Baugeschichte Stück für Stück in verschiedenen Bauabschnitten zusammenwuchsen. Der heute aus zwei Teilen und drei Schiffen bestehende Sakralbau verfügt über ein 124 Meter langes Hauptschiff sowie ein 60 Meter breites Querschiff. Diese monumentalen Dimensionen machen den Veitsdom nicht nur zur größten Kathedrale des Erzbistums Prag, sondern gleichzeitig zum größten Kirchengebäude Tschechiens.

Nicht weniger imposant ist der zur Stadt gerichtete Hauptturm, der die historische Hauptstadt Böhmens mit einer Höhe von 99 Metern überragt und Besuchern ein atemberaubendes Panorama auf Prag und das Umland eröffnet. Im lichtdurchfluteten Inneren der Kathedrale werden die mächtigen Ausmaße abermals deutlich, denn das 33 Meter hohe Mittelschiff mit seinen Kreuzgewölben hinterlässt bei so manchem Besucher nur ungläubiges Staunen.

Alle Prager Sehenswürdigkeiten finden Sie hier

Ursprünge des St.-Veit-Doms

Wie viele Kathedralen Europas ist die Historie des St.-Veits-Doms nicht geradlinig verlaufen, sondern war von zahlreichen Stilwechseln und kriegsbedingten Bauunterbrechungen geprägt. Und so dauerte es bis ins Jahr 1929, bis der Dom am 29. September pünktlich zum tausendsten Todestag des Heiligen Wenzel von Böhmen in seiner heutigen Gestalt eingeweiht wurde.

Die Wurzeln des Sakralbaus reichen jedoch bis tief ins finstere Mittelalter zurück, denn exakt an der Stelle, wo sich heute der Veitsdom erhebt, errichtete Wenzel von Böhmen im Jahr 925 eine Rotunde, die bereits im Jahr 1060 durch Spytihnev II. überbaut wurde. Teile der ursprünglichen Rotunde integrierten die Baumeister allerdings in die entstehende dreischiffige romanische Basilika. Dazu zählt unter anderem die Südapis mit dem Grab des Heiligen Wenzel.

Aufbruch, Kriegswirren und Bauunterbrechungen

Der eigentliche Bau im gotischen Stil auf den Mauern der vorherigen Gebäudeteile begann 1344 unter Leitung des französischen Dombaumeisters Matthias von Arras. Als dieser 1352 starb, trat der aus Schwäbisch Gmünd stammende Bildhauer und Dombaumeister Peter Parler die Nachfolge des Franzosen an. Er und nach ihm seine Söhne Wenzel Parler und Johann Parler der Jüngere führten die Arbeiten bis ins Jahr 1418 fort.

Mit dem Aufflammen der reformatorischen Hussitenkriege, die das Königreich Böhmen ab dem Jahr 1419 verwüsteten, begannen die Arbeiten am Veitsdom, von dem bereits Teile des Chors sowie des Hauptturms fertiggestellt waren, zu stocken. Da sich er Weiterbau über mehrere Jahrhunderte erstreckte, erfolgte die Errichtung des Turmaufsatzes ab dem Jahr 1560 nicht mehr im ursprünglich gotischen Stil.

Fertigstellung nach fast einem Jahrtausend

Nachdem die Kathedrale über einen Zeitraum von gut 100 Jahren ein architektonisches Provisorium blieb und sie eine Weile als calvinistische Pfarrkirche diente, begann man im 18. Jahrhundert damit, Teile des St.-Veits-Dom im Stile des Barrock zu gestalten. Der Beginn der letzten Ausbauphase, die dem Kirchenbau seine heutige Gestalt verleihen sollte, startete auf Initiative des Domkanonikers Václav Michal Peina, mit der die Gründung des Prager Dombauvereins im Jahr 1859 einherging.

Komplettiert wurde der Veitsdom schließlich einerseits durch die Errichtung der mit zwei Türmen bewehrten neogotischen Westfassade, sowie andererseits durch den Architekten Kamil Hilbert, unter dessen Leitung nach über tausend Jahren der letzte Stein in das Gemäuer eingepasst wurde.

Prachtvolles Interieur

Zu den beeindruckendsten Schätzen der Kathedrale gehört die vergoldete und mit unzähligen Halbedelsteinen verzierte Wenzelkapelle im Inneren des Gemäuers. Nicht weniger imposant erscheinen auch der aus 1,5-2 Tonnen massivem Silber gefertigte Grabstein des Heiligen Johannes von Nepomuk sowie die prachtvollen Glasfenster, die bekannte Szenen aus dem Leben der beiden Heiligen Kyrill und Methodius zeigen. Zu den touristischen Highlights gehört neben dem im 16. Jahrhundert errichteten Mausoleum der Habsburger aber auch der im 20. Jahrhundert im Stile der Neugotik entworfene Hochaltar.

Schätze des Veitsdom

Das Herrschergeschlecht der Habsburger war jedoch nicht das einzige Königshaus, das seine Toten im Veitsdom zur letzten Ruhe bettete. Neben zahlreichen römisch-deutschen Kaisern wie Kaiser Maximilian II. liegen dort auch viele Könige aus der böhmischen Dynastie der Premysliden. Abseits der königlichen Grabmale beherbergt das Gotteshaus abgesehen von den böhmischen Kronjuwelen auch den Prager Domschatz, der mit über 400 Objekten, wie dem Kopf des Heiligen Veit, zu den größten und wertvollsten Domschätzen des Kontinents zählt. Derzeit können 139 dieser Reliquien und Reliquiare in der Heilig-Kreuz-Kapelle unweit der Mauern des Doms besichtigt werden. Darunter befindet sich unter anderem das Schwert des heiligen Wenzel.

Die sieben Schätze des Glockenturms

Mit der Bauphase, die in der Mitte des 16. Jahrhunderts begann, erhielt der Veitsdom auch den Großteil seiner heute vorhandenen sieben Glocken. Die Älteste unter ihnen, die 4,5 Tonnen schwere Wenzel-Glocke, die im Jahr 1542 gegossen wurde, wirkt gerade im Vergleich zur nur sieben Jahre jüngeren Sigismund-Glocke, die immerhin 17 Tonnen auf die Waage bringt, geradewegs klein.

Zugleich ist die Sigismund-Glocke, die bis heute von vier kräftigen Glöcknern per Hand geläutet wird, noch immer die größte Glocke Tschechiens. Seine Pforten für kulturbegeisterte Besucher öffnet der Veitsdom indes täglich zwischen 9 und 17 Uhr. Zu diesen Zeiten können auch die sieben beeindruckenden Glocken des Doms im Glockenturm besichtigt werden.

Bildquelle: © mije shots – Fotolia.com